Die etwas andere liberale Stimme aus der Hansestadt Lübeck

Flughafen: Plant „Rot-Rot-Grün“ den Todesstoß?

In Allgemein on 15. September 2010 at 10:32

Gestern berichteten die „Lübecker Nachrichten“ unter der Überschrift „Neue Rathaus-Koalition: So will Rot-Rot-Grün Lübeck verändern“ (hier) über bevorstehende Verhandlungen über eine feste Kooperation von SPD, Grünen und Linken in der Lübecker Bürgerschaft. Eines der Vorhaben betrifft das Nachtflugverbot für den Lübecker Flughafen. Auch der vom Land erlassene Planfeststellungsbeschluss sieht ein solches bereits vor, und zwar zwischen 23.30 Uhr und 5.30 Uhr. Die CDU witterte deshalb auch prompt Ideenlosigkeit (vgl. HL-Live vom 14.09.2010, hier).

In diesem Punkt irrten sich die Lübschen Christdemokraten leider. Heute wurden die rot-rot-grünen Absichten nämlich deutlicher: Das „Gruselbündnis“ plant den LN zufolge (hier), das ohnehin vorgesehene Nachtflugverbot auszuweiten und bereits auf 22.00 Uhr vorzuverlegen – wohlwissend, dass Lübeck damit für Ryanair als Basisflughafen (d.h. mit fest stationierten Maschinen) definitiv nicht mehr in Betracht käme. Zwar bewertete die CDU in ihrer oben erwähnten Pressemitteilung (HL-Live) die rot-rot-grünen Pläne gestern noch als eines der Themen,, „auf die man überhaupt keinen Einfluss hat“, da ja das Land das Nachtflugverbot bereits in seinem Planfeststellungsbeschluss geregelt habe. Doch leider irrt die CDU auch hier, denn der Eigentümer eines Flughafens ist  grundsätzlich jedenfalls faktisch nicht gehindert, freiwillig auf Flüge nach 22.00 Uhr zu verzichten. Und derzeitige Eigentümerin des Flughafens (bzw. der Flughafen Lübeck GmbH, FLG) ist nun einmal die Stadt. Sollte die rot-rot-grüne Rathausmehrheit  die stadteigene FLG  tatsächlich auf ein erweitertes Nachtflugverbot festlegen, würde  dies nicht nur das „Aus“ für alle Ausbaubestrebungen bedeuten, sondern damit auch das „Aus“ für die weitere Investorensuche.

Damit hätten SPD, Grüne und Linke erreicht, womit sie im Bürgerentscheid noch grandios gescheitert waren. Sie könnten sich bereits an die Einleitung konkreter Maßnahmen zur Schließung und Abwicklung des Lübecker Airports machen. Allerdings wäre dann auch für jedermann klar erkennbar, was die verbalen Bekundungen von „Rot-Rot-Grün“ wirklich wert ist, die basisdemokratische Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger für den Flughafen respektieren zu wollen.

Insbesondere die Sozialdemokraten sollten  nicht vergessen, dass beim Bürgerentscheid über die Zukunft des Lübecker Flughafens die Zustimmung für den Flughafen ausgerechnet in den angestammten „SPD-Hochburgen“ besonders hoch war (in Buntekuh z.B. fast 80%, in Moisling 75,7%, St. Lorenz Nord 73,1%, in Kücknitz 73,0% und in Schlutup 73,0% –  bei einem Gesamtergebnis im ganzen Stadtgebiet von 67,4%).  Der erwogene Beschluss von „Rot-Rot-Grün“ zur Ausweitung des Nachtflugverbotes wäre ein Schlag in das Gesicht der überwältigenden Mehrheit der Lübecker/innen, die am 25. April für den Flughafen votiert haben. Einen solchen Verstoß gegen basisdemokratische Entscheidungen würden die Wähler/innen bis zur Kommunalwahl 2013 ganz sicher nicht vergessen!

  1. Hallo Herr Schalies,

    wenn sogar Frau Schmidt von Ryanair sagt das die Betriebszeiten
    des FH zur Zeit auf Grund der zu erwartenden Einführung der
    Luftverkehrsabgabe nur eine untergeordnete Role spielt, meinen Sie nicht das dieses Thema etwas hoch aufgehängt wird? Die letzten Meldungen in der Presse bezüglich z.B. der Ausdünnung des Winterflugplans (z.B. kein Mallorca mehr im Winter) lassen doch
    eher darauf hindeuten das man hier vorsorglich schon man eine Art
    „Dolchstoßlegende“ bildet (Luftverkehrsabgabe, Flugzeiten etc.)
    um schon mal die Gründe für ein Scheitern des FH vorzubereiten.
    Auch die geplatzte Finanzierung von 4 Mio. Euro durch den Verkauf
    von Erbbaugrundstücken trägt sicher nicht dazu bei in ruhiges
    Fahrwasser zu gelangen. Im übrigen stellt sich mir auch die Frage
    ob durch die geplatzte Finanzierung nicht auch ein wichtiges
    Kriterium der Zulässigkeit des Bürgerentscheids entfallen ist.
    Ich kann mich nicht erinnern irgendwo etwas von eventueller
    Kreditfinanzierung des FH gelesen zu haben.

    • Sehr geehrter Herr Konopatzki,
      die von Ihnen erwähnte Äußerung der Ryanair-Sprecherin bezog sich weniger konkret auf den Lübecker Flughafen, sondern stellte ersichtlich eine eher polemische Bemerkung gegen die angekündigte Luftverkehrsabgabe dar, die natürlich von den Fluggesellschaften nach Kräften bekämpft wird. Ryanair macht da keine Ausnahme.
      Tatsächlich stellt sich das Thema der Einrichtung einer Base in Lübeck für Ryanair deshalb zur Zeit nicht, weil mit den Ausbaumaßnahmen am Flughafen noch nicht begonnen wurde. Dies hatte Ryanair aber immer zur Bedingung gemacht. Die Ausbaumaßnahmen können wiederum erst starten, wenn das Oberverwaltungsgericht (OVG) hierfür „grünes Licht“ gibt.
      Unabhängig davon ist aber gemeinhin bekannt, dass Ryanair am Flughafen Flugzeiten bis 23.30 Uhr benötigt. Nicht umsonst sieht das im Planfeststellungsbeschluss der Landesregierung vorgesehene Nachtflugverbot dessen Beginn ab dieser Uhrzeit vor. Insofern ist die Befürchtung, dass Rot-Rot-Grün in der Bürgerschaft mit einer nochmaligen Einschränkung der Flugzeiten dem Flughafen den Boden entziehen könnten, durchaus sachlich begründet.

      Zur Finanzierung der ersten Phasen des Flughafenausbaus ist darauf hinzuweisen, dass der im Rahmen des erfolgreichen Bürgerentscheides unterbreitete Finanzierungsvorschlag vom Innenministerium geprüft und für realistisch und zulässig befunden wurde. Er beruht im Übrigen auf Erfahrungswerten aus Erbbaurechts-Verkaufsaktionen der Verwaltung aus vergangenen Jahren. Dass die Erlöserwartungen möglicherweise in einem Jahr nicht ganz erfüllt werden könnten, sagt doch über die Seriösität des Finanzierungsvorschlages über den benötigten Investitionszeitraum insgesamt noch wenig aus. Schließlich werden bislang real ja überhaupt noch keine Investitionsmittel benötigt, sondern erst sukzessive mit tatsächlichen Beginn der Ausbaumaßnahmen (abhängig vom OVG, s.o.).
      In diesem Zusammenhang noch eins: Gemäß Gemeindeordnung hat der Initiator eines Bürgerbegehrens/-entscheides einen tragfähigen Finanzierungs-V o r s c h l a g zu unterbreiten. Das heißt nicht, dass die Kommunalvertretung dann auch verpflichtet wäre, diesen tatsächlich umzusetzen. Die Bürgerschaft ist also ohnehin völlig frei, ggf. auch eine andere Finanzierung der von den Bürgerinnen und Bürgern beschlossenen Flughafen-Ausbaumaßnahmen zu finanzieren.

      • Sehr geehrter Herr Schalies,
        vielen Dank für Ihre Ausführungen. Nun wissen wir beide aber das
        die Hansestadt Lübeck mehr als Pleite ist, insofern kommt eh nur
        eine Kreditfinanzierung infrage für die unsere Kinder und Enkel
        noch aufkommen müssen. Im übrigen glaube ich nicht das wegen 90 Minuten Abends und 30 Minuten morgens dem Flughafen der Boden entzogen wird. Ryanair entzieht dem Flughafen die Basis durch die
        Ausdünnung des Flugplans und die Hinhaltetaktik bezüglich der
        Einrichtung einer Basis. Was in diesem Zusammenhang eine Absichts-
        erklärung Wert ist brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären.
        Ryanair hat bis heute bzgl. der Passagierzahlen nicht eine
        Zusage eingehalten. Für dieses Jahr sollten es z.B. 650.000 werden.
        Zur Zeit sieht es wohl eher so aus das man mit hängen und würgen
        knapp unter 500.000 landen wird.

      • Sehr geehrter Herr konoptzki,
        mir ist neu, dass Ryanair überhaupt jemals Passagierzahlen zugesagt hätte. Haben Sie irgendeinen Beleg für Ihre diesbezüglichen Erkenntnisse? Tatsache ist jedenfalls, dass sich Ryanair als sehr treuer Kunde für den Lübecker Flughafen erwiesen hat, trotz der langjährigen Hängepartie um den Ausbau. Was die Flugzeiten anbelangt, kommt es naturgemäß vor allem darauf an, was die Fluggesellschaften für sich für erforderlich halten und weniger darauf, was wir beide darüber denken.

      • Hallo Herr Schalies,
        um ihre Erinnerung aufzufrischen.

        http://www.hl-live.de/aktuell/text.php?id=61437

      • Danke für den Link! Eine Zusage kann ich aber dieser Meldung auch nicht entnehmen. Mögen auch die Erwartungen bisher aus verschiedenen Gründen (z.B. auch Flugasche-Zwangspausen) nicht ganz erfüllt worden sein, so lassen Sie uns doch abwarten, wie sich die Lage bis 2012 entwickelt. So hatten ja auch die Bürger/innen entschieden!

      • Stimmt, eine Zusage ist das nicht, Ryanair hat sich noch nie
        verbindlich auf etwas eingelassen aber sicherlich ist es doch
        so das der FH mit solchen Zahlen auf Grund der Aussagen von
        Ryanair geplant hat. Wobei Herr Lange bereits im Februar 2010
        anlässlich der neuen Linien nach Faro und Edinburgh gesagt hat,
        und das habe ich live miterlebt, dass er für 2010 mit etwa
        590.000 Passagieren rechnet. Das ganze allerdings inklusive
        Wizz Air. Aber ich gebe ihnen natürlich Recht das der FH
        jetzt eh bis Ende 2012 am Tropf „Steuergeld“ hängt und es ziemlich
        egal ist wieviele Passagiere ab und nach Lübeck fliegen.
        Bezahlt ja alles der Steuerzahler.

  2. Das ist sicher eine interessante Frage, Herr Simon! Allerdings wäre im Zweifel wohl unser Bürgermeister gefragt, einen rot-rot-grünen Mehrheitsbeschluss gegen den Geist des Bürgerentscheides formell zu beanstanden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er dies (ggf. nach Rücksprache mit der Kommunalaufsicht)auch tun würde!

  3. Hallo Herr Schalies,

    für mich stellt sich die Frage, ob ähnlich wie bei Vertragsgestaltungen im Wirtschaftsleben nicht der „Geist oder angestrebte Zweck“ einer Vereinbarung im Vordergrund stehr und im Zweifel Vorrang vor dem geschriebenen Wort hat. Für den Bürgerentscheid würde das bedeuten: Durch diesen Entscheid sollte der FH basefähig und verkaufsfähig gemacht werden. Die 4 Mio sind Mittel zum Zweck.

    Wenn das angestrebte Ziel durch rot-rot-grün unterlaufen werden sollte, z. B. durch solche Einschränkungen in den Betriebszeiten, die dann weder eine Base noch einen Verkauf zulassen, stellt sich für mich die Frage, ob hiergegen nicht vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden kann und sollte. Die Erfolgsaussichten wären m. E. nicht schlecht.

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